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Ängelholm – Schwedens erste agile Kommune

Es hört sich fast zu gut an, um wahr zu sein: Ängelholm, eine Stadt im Süden von Schweden mit ca. 3300 Mitarbeitenden hat etwas geschafft, was für viele deutsche Verwaltungen unmöglich erscheint. Von meiner Reise, darüber wie sich Ängelholm über Schwedens Grenzen hinaus einen Namen als erste agile Kommune gemacht hat sowie über das Gespräch mit der HR-Managerin Lena Östblom und Kommunikationschefin Karin Wettermark Jonsson, habe ich ausführlich auf dem 2. Hamburger Transformations-Forum berichtet.

Hier folgt ein kleiner „Appetizer“ und Auszug aus der Transformations-Reise von Ängelholm.

Von Sara Johansson, Senior Partner bei BAUMGARTNER & CO.

1. Was war der Auslöser für die Transformation?

Ängelholm hat sich vor fünf Jahren auf den Weg gemacht, um Bürger auf eine ganz neue Art und Weise in den Fokus der kommunalen Arbeit zu stellen. Die Politik und auch die Stadt selbst wünschten sich einen strategischeren Dialog mit ihren Bürgern und einen verbesserten Kundenservice. Außerdem wollten sie etwas dagegen tun, dass Bürger mit ihren Anliegen von einer Stelle zur nächsten laufen müssen ohne, dass ihre Probleme ganzheitlich gelöst werden. Um eine höhere Beteiligung auf Seiten der Bürger und Mitarbeitenden zu ermöglichen, hat die Verwaltung 2013 daher den klaren Auftrag bekommen, die Struktur ihrer Organisation entsprechend anzupassen.

2. Wie ist Ängelholm eine agile Kommune geworden?

Als Startschuss hatte die „Kommunaldirektorin“, Lilian Eriksson, alle Führungskräfte zu der Reihe „Ledar-Forum“ eingeladen. Darin informierte sie über das Vorhaben der Neuorganisation und schaffte Klarheit über die künftige Vision, Zusammenarbeit, Kultur und Werte. Ebenso wurde über ein agiles Vorgehen zur Entwicklung der neuen Organisation entschieden. Eines stand fest: Sie wollten keine „neuen Kästchen“ malen! Mit hoher Beteiligung von 200 Vertretern bestehend aus Mitarbeitenden, Führungskräften und Gewerkschaften entwickelten sie daher eine ganze neue Struktur für ihre Organisation. Diese basierte auf Personas und orientierte sich entlang der Kundenprozesse.

Am 1. Januar 2015 entstand so die neue agile Kommune – eine Serviceorganisation ohne Verwaltungen und Silos. An Stelle von früher acht Verwaltungen trat eine neue kunden- und netzwerkorientierte Organisation. Diese Organisation bestand aus drei „Hauptaufträgen“, diversen Prozessen zur Unterstützung und einem Führungsstab. Außerdem wurde eine völlig neue Arbeitsform etabliert: die agilen Arenen.

agile Kommune

3. Was ist das Besondere an der agilen Organisation in Ängelholm?

Die neue Struktur („das Rad“, wie sie es intern liebevoll nennen) unterscheidet sich neben dem prozessorientierten Aufbau vor allem an zwei Stellen sehr deutlich von einer normalen deutschen Verwaltung:

  • Zum einen gibt es die agilen Arenen. In den agilen Arenen bilden sich crossfunktionale Teams auf Zeit. Diese bündeln notwendige Fach- und Entscheidungskompetenzen an einem Tisch. Dadurch können sie ein bestimmtes Problem oder Anliegen von Bürgern viel effizienter lösen. Arenen können sowohl intern, fachübergreifend als auch unter Mitwirkung von externen Organisationen gebildet werden. Sie sind einzigartig für die Stadt Ängelholm und sind gleichzeitig ein wichtiger Kern der neuen agilen Organisation.
  • Der zweite wichtige Unterschied ist, dass die Organisation nicht an den Grenzen der Kommune aufhört. Ängelholm hat erkannt, dass sie viele Bedürfnisse von Kunden nicht allein als Kommune lösen kann. Viele externe Organisationen, wie z.B. Unternehmen aus der Wirtschaft, die Polizei, Vereine und andere kommunale Betriebe arbeiten daher bei Bedarf in den agilen Arenen mit der Kommune zusammen. In der Aufbauorganisation sind diese als Kreise auf einem Ring rund um die Kommune dargestellt sind.

4. Wie wurde die neue Organisation umgesetzt und die Mitarbeiter mitgenommen?

Nachdem die Struktur der Organisation klar war, kamen viele neue Fragen auf: Wie können wir eine neue agile Organisation einführen und Agilität im Alltag umsetzen? Welche neuen Verhaltensweisen, Einstellungen und Arbeitsweisen benötigen wir? Wie nehmen wir die Menschen mit?

Zu diesem Zeitpunkt wurde allen schnell klar, dass ein tiefgreifender Wandel der Kultur und eine umfangreiche Entwicklung von Kompetenzen nötig waren. Ein Budget für Weiterbildung war allerdings zunächst nicht vorgesehen. Doch auch hier galt: Nichts ist unmöglich! Ängelholm ist es gelungen, 8 Mio. SEK durch den ESF Fond für die Kompetenzentwicklung der Mitarbeitenden einzuwerben. Inzwischen wurden 115 Workshops und zahlreiche Inspirationsvorträge durchgeführt, an denen alle 3300 Mitarbeitenden und Führungskräfte teilgenommen haben. Daraus sind über 4000 Ideen entstanden. Alle Mitarbeitenden wurden eingebunden und haben ein umfassendes Programm zur Kompetenzentwicklung mit dem Fokus auf „Veränderungskompetenz“ und „Agiles Mindset“ durchlaufen.

5. Was waren die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse?

Die aktive Mitwirkung der Mitarbeitenden – sowohl bei der Entwicklung der neuen Organisation als auch durch die hundertprozentige Teilnahme an der Kompetenzentwicklungs-Reise – war ein zentraler Erfolgsfaktor bei der Umsetzung.

Mitarbeitende sind heute sehr stolz auf ihren Arbeitgeber und ihre Transformation.  Sie sagen, dass sie nun ein gemeinsames Wort für ihre neue Arbeitsweise gefunden haben. Dies hat sich offensichtlich auch schon rumgesprochen, denn die Zahlen von Bewerbungen haben sich bei einigen Positionen in kürzester Zeit mehr als verdoppelt. Mittlerweile erhält Ängelholm sogar Bewerbungen aus dem ganzen Land.

Nicht nur die Zufriedenheit der Mitarbeitenden wurde gesteigert, auch die Bürger attestieren Ängelholm einen tollen Service: Die agile Kommune hat diverse Preise für den besten Kundenservice in Schweden gewonnen und wurde in diesem Jahr auch für den Qualitätspreis nominiert.

Alle die mehr über die spannende Transformations-Reise und über die Erfolgsfaktoren aus Ängelholm erfahren möchten, kontaktiert mich gerne sara.johansson@baumgartnerco.de

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